In einem vielbeachteten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Juli 2021 entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen mit 6 % pro Jahr seit 2014 verfassungswidrig ist. Die Verfassungsrichter argumentierten mit dem seit Jahren anhaltenden niedrigen Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt, mit dem die Zinshöhe von 6 % pro Jahr nicht mehr vereinbar sei.

Wenngleich das BVerfG für Verzinsungszeiträume ab 2014 eine Verfassungswidrigkeit der Verzinsung festgestellt hat, so hat es das bisherige Recht noch für weiterhin anwendbar erklärt – und zwar für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume. Nur für Verzinsungszeiträume 2019 und später muss der Steuergesetzgeber nun bis zum 31.07.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung treffen.

Hinweis: Der Beschluss des BVerfG betrifft zwar nur Erstattungs- und Nachzahlungszinsen, wird jedoch auch Auswirkungen auf die Höhe von Stundungszinsen, Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge, Hinterziehungszinsen und Aussetzungszinsen haben, da die Verzinsung auch in diesen Fällen bisher einheitlich bei 6 % pro Jahr liegt.

Steuerzahler, die in eigener Sache für Verzinsungszeiträume bis 2013 Einspruch eingelegt haben, müssen nun damit rechnen, dass die Finanzämter ihren Einspruch als unbegründet zurückweisen. Ausgesetzte Beträge müssen dann nachgezahlt werden.

Auch für Verzinsungszeiträume, die in die Jahre 2014 bis einschließlich 2018 fallen, werden Steuerzahler mit ihrem Einspruch keinen Erfolg haben. Zwar wurde für diese Zeiträume nach dem BVerfG-Beschluss eine Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes festgestellt, jedoch bleibt das aktuelle Recht weiterhin anwendbar. Somit werden auch in diesen Fällen die offenen Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen, sodass ausgesetzte Beträge nachzuzahlen sind.

Einspruchsführer können von der BVerfG-Entscheidung für bereits erfolgte Zinsfestsetzungen nur profitieren, wenn der Verzinsungszeitraum in das Jahr 2019 oder später fällt. Durch den Einspruch haben sie ihren Fall verfahrensrechtlich offengehalten, sodass eine Anpassung des Zinssatzes bei ihnen nachträglich noch umgesetzt werden kann. Einer Korrektur zugänglich sind ferner Fälle, in denen entsprechende Zinsfestsetzungen mit einem sogenannten Vorläufigkeitsvermerk ergangen sind. Bestandskräftige Zinsbescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk können hingegen aufgrund der anstehenden gesetzlichen Neuregelung nicht mehr geändert werden.