Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zum Recht auf Vorsteuerabzug nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) Stellung genommen. Ein Unternehmer ist danach unter den allgemeinen Voraussetzungen berechtigt, die entrichtete Mehrwertsteuer für Leistungen, die ihm von einem anderen Unternehmen erbracht wurden, als Vorsteuer abzuziehen.

Die Klägerin mit Sitz im Vereinigten Königreich betreibt einen Versandhandel mit Vitaminen und Mineralstoffen. Der öffentliche Postdienst erbrachte von 2006 bis 2010 vertragsgemäß Postdienstleistungen an die Klägerin und stellte dafür Rechnungen ohne Mehrwertsteuer aus. Im Jahr 2009 hatte der EuGH jedoch geurteilt, dass die Mehrwertsteuerbefreiung nach der MwStSystRL nicht für Dienstleistungen gilt, die öffentliche Posteinrichtungen erbringen und deren Bedingungen individuell ausgehandelt wurden.

Daraufhin stellte die Klägerin bei der Steuer- und Zollverwaltung Anträge auf Vorsteuerabzug für diese Postdienstleistungen. Sie vertrat die Auffassung, dass ihre Zahlungen an den Postdienstleister rückwirkend so zu verstehen sind, dass sie Mehrwertsteuer beinhalteten.

Der Postdienstleister hatte es seinerseits unterlassen, die zu Unrecht nicht entrichtete Mehrwertsteuer nachträglich von seinen Kunden (u.a. von der Klägerin) einzuziehen. Zudem erließ die Steuer- und Zollverwaltung keinen Berichtigungsbescheid gegen den Postdienstleister. Aufgrund abgelaufener Verjährungsfristen wäre ein solches Vorgehen inzwischen weder für die Verwaltung noch für den Postdienstleister möglich gewesen.

Der EuGH stellte nun klar, dass die Mehrwertsteuer nicht als im Sinne der MwStSystRL entrichtet angesehen und daher vom Unternehmen nicht abgezogen werden kann, wenn zum einen die Vertragsparteien die betreffenden Leistungen zu Unrecht für mehrwertsteuerfrei gehalten haben, in den Rechnungen keine Mehrwertsteuer ausgewiesen wurde und die Kosten vom Leistungsempfänger zu tragen wären. Zum anderen gilt das auch, wenn keine rechtzeitigen Schritte zur nachträglichen Einziehung der nicht entrichteten Mehrwertsteuer erfolgt sind und somit jedem darauf gerichteten Vorgehen des leistenden Unternehmens sowie der Verwaltung die Verjährung entgegensteht. Im Ergebnis besteht für die Klägerin kein Recht auf Vorsteuerabzug.

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