Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) möchte vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob die derzeitige steuerliche Würdigung von Personengesellschaften als umsatzsteuerliche Organgesell­schaften mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Im Ausgangsfall ging es um eine GmbH & Co. KG, an der die A-GmbH als Komplementärin sowie fünf Kommanditisten (eine GbR, drei natürliche Personen und die M-GmbH) beteiligt waren. Jeder Gesell­schafter besaß laut Gesellschaftsvertrag eine Stimme. Die M-GmbH verfügte über sechs Stimmen. Sämtliche Beschlüsse der Gesellschaft wurden mit einfacher Mehrheit gefasst.

Die GmbH & Co. KG vertrat die Auffassung, dass zwischen ihr und der M-GmbH ein Organschafts­verhältnis bestehe. Es liege neben der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung auch eine finanzielle Eingliederung vor.

Das Finanzamt sah im vorliegenden Fall keine finanzielle Eingliederung. Diese setze voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen seien, die selbst finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert seien. Dadurch sei die Durchgriffs­möglichkeit des Organträgers selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet. An der finanziell einzugliedernden Personengesellschaft dürften keine natürlichen Personen beteiligt sein. Neben der M-GmbH seien auch natürliche Personen Kommanditisten der GmbH & Co. KG. Damit sei eine finanzielle Eingliederung nicht möglich.

Nach dem Unionsrecht kann jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Bezie­hungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln. Ein Mit­gliedstaat kann sodann die erforderlichen Maßnahmen treffen, um Steuerhinterziehungen durch die Anwendung dieser Bestimmung vorzubeugen.

Das FG vertritt die Auffassung, dass eine Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs nicht möglich sei. Die seinerzeit vom Bundesfinanzhof aufgestellten Voraussetzungen könnten gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität verstoßen.

Der Gesetzgeber hat bislang die Vorbeugung von Steuerhinterziehungen nicht als Zweck der Rechts­formbeschränkung für Organgesellschaften vorgesehen und daher in diesem Zusammenhang den Mehrwertsteuerausschuss bisher nicht konsultiert.

Hinweis: Bei einer Organschaft handelt es sich um mehrere rechtlich selbständige Unternehmen, die in einem Über- bzw. Unterordnungsverhältnis zueinander stehen. Im Falle einer Organschaft werden diese Unternehmen zusammengefasst, sodass sie wie ein einziges Steuersubjekt behan­delt werden. Dadurch können Verluste mit Gewinnen sofort saldiert werden, was erhebliche Liqui­ditäts- und Zinsvorteile mit sich bringt.