Sind Bauträger bislang rechtsirrig davon ausgegangen, dass sie als Leistungsempfänger die Umsatz­steuer für von ihnen bezogene Bauleistungen schulden, können sie das Entfallen dieser rechtswid­rigen Besteuerung ohne Einschränkungen geltend machen – dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden und sich damit den einschränkenden Regelungen der Finanzverwaltung ent­gegengestellt.

Diese Rechtsprechung ist nahezu für die gesamte Bauträgerbranche relevant, die in der Vergangen­heit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft hat. Die Finanzämter waren bis Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger als Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen heranzuziehen sind. Der BFH hatte diese Verwaltungspraxis jedoch bereits im November 2013 verworfen. Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit, Wohnun­gen ohne Umsatzsteuerbelastung zu bauen: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrück­liche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen – und der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.

Der Gesetzgeber hat hierauf 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldner­schaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt, was vom BFH bereits im Wesentlichen gebilligt worden ist.

Ungeklärt war bislang die Frage, ob die Finanzverwaltung berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur dann nachzukommen, wenn

  • der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder
  • für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht.

Diese Voraussetzungen hatte das Bundesfinanzministerium in einem Anwendungsschreiben aus dem Jahr 2017 formuliert. Nach dem neuen BFH-Urteil sind diese Einschränkungen jedoch rechtswidrig. Nach Gerichtsmeinung handelt der Bauträger nicht treuwidrig, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatz­steuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat.